Sehr geehrte Freundinnen und Freunde des Renaissance-Theaters,
im letzten Newsletter haben wir Sie bereits auf unsere nächste Premiere, die Uraufführung von STAHLTIER. EIN EXORZISMUS am 4. April 2024 aufmerksam gemacht. Seitdem hat sich viel Berichtenswertes getan für diese Koproduktion mit dem Théâtre National du Luxembourg (TNL). Die entscheidenden Phasen einer Theaterproduktion, Textproben am Tisch, die szenischen Proben auf der Probebühne, die Endproben im Theater, in denen die angefertigten originalen Bühnenteile, Kostüme und Requisiten das Schauspiel ergänzen, unterstützt und erweitert um Licht, Ton und Projektionen, fanden in der Premiere in Luxemburg am TNL einen ersten Höhepunkt.
Leni Riefenstahl, Willy Zielke & Joseph Goebbels
STAHLTIER. EIN EXORZISMUS – IN MEMORIAM WILLY ZIELKE wurde geschrieben von Albert Ostermaier, einem der meistgespielten aktuellen deutschsprachigen Dramatiker, als Auftragswerk des Intendanten des TNL, Frank Hoffmann, der das Stück auch inszeniert hat. Schon vor dem Schreiben war das Ensemble des Abends, Jacqueline Macaulay und Wolfram Koch, besetzt. Eine der großen Herausforderungen der Textvorlage an die Schauspieler*innen und das Kreativteam ist, dass beide Protagonisten die drei Charaktere der Handlung spielen: Leni Riefenstahl, ambitionierte Schauspielerin und Filmregisseurin im Dritten Reich, Willy Zielke, Kameramann und Filmkünstler, und Joseph Goebbels, den nationalsozialistischen Propagandaminister.
die Schattierungen der Handlung bis ins Abgründig-Dämonische
Das Faszinierende an der Premiere in Luxemburg, die ich als Dramaturg des Renaissance-Theaters besucht habe, war, mitzuerleben, wie klar und spielerisch das Changieren der Charaktere die komplexe und hochspannende Geschichte begreifbar macht: Wie Leni Riefenstahl sich das künstlerische Talent ihres Kameramanns, Willy Zielke, gewalttätig aneignet, um die eigene Karriere im Dienst der Nationalsozialisten aufzubauen. Das Stück verzichtet dabei auf moralische Wertung und zeichnet trotzdem die Schattierungen der Handlung bis ins Abgründig-Dämonische.
Manchmal werden im Theater Musik und Projektionen eingesetzt, um Längen zu verkürzen und hohle Stellen zu verdecken. In STAHLTIER werden beide Techniken und Materialien so ökonomisch und künstlerisch assoziativ eingesetzt, dass auch dadurch der Erzählfluss wunderbar getragen und gefördert wird.
Premiere @ Théâtre National du Luxemburg
Und so wirkte das Théâtre National du Luxemburg in der Nacht auf dem Heimweg nach der Premierenfeier: entspannt, freudig und neugierig auf das, was noch kommt.
TNL bei Nacht © Foto: RT
Als erstes Wetterleuchten für die Berliner Premiere gab es dann am vergangenen Montag eine Gesprächsrunde VOR DER PREMIERE: STAHLTIER. EIN EXORZISMUS für Abonnenten und Mitglieder des Fördervereins im Bruckner-Foyer. Albert Ostermaier, Jacqueline Macaulay und live zugeschaltet Wolfram Koch, der am selben Abend im Schauspielhaus Frankfurt noch eine Vorstellung zu spielen hatte, waren die Gesprächsteilnehmer und haben über die Entstehung des Stücks und seine Entwicklung in Luxemburg berichtet und so Appetit darauf gemacht, das Schauspiel auch in Berlin mit dem Publikum zu teilen.
Weitere Premieren im Renaissance Theater Berlin
Die „zweite“ Premiere im Renaissance-Theater wird dennoch eine echte Premiere sein. Das Luxemburger Kreativ-Team wird anreisen und das Stück im neuen Theaterraum einrichten. Und wie sich Abend für Abend die Vorstellungen desselben Stücks unterscheiden und sich die Inszenierungen innerhalb der künstlerischen Verabredungen weiterentwickeln, wird sich auch der neue Spielort kreativ auswirken, so dass wir am 4. April STAHLTIER. EIN EXORZISMUS „erneut zum ersten Mal“ präsentieren können, eine Wiedergeburt, der wir mit Spannung entgegensehen.
Abschließend möchte ich Sie noch auf zwei einmalige Gelegenheiten im RT-Spielplan aufmerksam machen. Da ist zum einen IM SCHATTEN DER DIKTATUR, ein Abend über die Verstrickungen des Schauspielers René Deltgen im Dritten Reich mit André Jung und Luc Feit und zum anderen UMTERM TEPPICH – DER KRIEG, MEINE ELTERN UND ICH, eine sehr persönliche szenische Collage von und mit Ilona Schulz, die sich mit der Sprachlosigkeit ihrer Elterngeneration über das Dritte Reich und den Zweiten Weltkrieg beschäftig. Zwei Veranstaltungen, die, wie auch STAHLTIER. EIN EXOZISMUS, erneut den Blick auf Deutschland in der Zeit der Nazidiktatur richten.
Header Image: STAHLTIER. EIN EXORZISMUS mit Jacqueline Macaulay und Wolfram Koch (v.l.) © Foto: Bohumil Kostohryz
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