Nach der gefühlt zehnten Nachtschicht landete ich mit Freunden in dem durchaus nicht ganz unbehafteten Stück Offenbachs, gespielt in der Komischen Oper Berlin. Sicherlich klingt der Begriff der Oper für die junge und jungebliebene Menschen verstaubt oder nach harter Kost. Doch nicht so die Adaptionen der komischen Oper. Denn anders als Jacque Offenbach sich das Stück wohl vor etwas um die hundert Jahre erdacht hatte, überzeugt das Stück vor allem durch den Pop-kulturellen Aspekt in Costume and Scenery, welcher versatzstücksweise in einen bunten Blumenstraus rund um die Sopranistin Nicole Chevalier verwandelt wird. Ich atmete tief ein, blickte über die stuckverzierten Logen nach oben und schon enthüllte der Vorhang den wilden Mix aus Pop-Art, Drag, Musik und Tanz.

„Unter der Regie von Barrie Kosky wirbeln die Melodien, Beine und Dialoge nur so um Augen, Hirn und Ohren und natürlich um das unangefochtene Zentrum des Geschehens: die schöne Helena. Die Titelpartie übernimmt wie bei der Premiere Nicole Chevalier.“
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Tanz, Travestie & Tradition
Manche der komisch wirkenden Elemente könnten ebenfalls als Querverweis auf die aktuellen Geschehnisse in der Ukraine und die sogennante Scapegoat-Rhetoric betrachtet werden, welche ebenfalls in die Gestaltung des Stückes einfloß. Neben einem durchaus kritischem Kontext durften Kunstbegeisterte auch Anlehnungen an die VR Art der anderen Institutionen erkennen, die mit Sicherheit das Bühnenbild inspierert haben. Lustig, Kritisch und ganz am Puls der Zeit verbindet „die schöne Helena“ melodisches mit modernem und der Suche nach Freiheit und Schönheit – den Tugenden der göttlichen Venus. Doch dabei wird sie natürlich vor einige Herausforderungen gestellt. Alles nur ein Traum? Für Helena vielleicht, denn sie wartet sehnsüchtig auf ihren Gemahl, während ihr der Schönling Paris – gesungen von Tansel Akzeybek – gefährlich nahe kommt. Kaum entwischt sie dem Joch ihres kriegerischen Ehemanns, wird schnell klar: Helena ist eine emazipierte und schwer durchschaubare Figur.

Was sich die Götter bei diesem Stück gedacht haben, weiß ich nicht aber diese Nacht schlug definitiv eine Brücke zwischen classic and dem culture-clash der Generationen. Dem ziegenhaften Gemecker der schönen Königin aus der griechischen Mythologie im Silverdress konnte ich außer einem breiten Grinsen auch nichts mehr hinzufügen.
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