Noa Eshkol – No Time to Dance

Die israelische Tänzerin, Choreografin und Künstlerin Noa Eshkol setzte sich ihr Leben lang mit Bewegung und Komposition auseinander. Das Ergebnis war Tanz ohne Musik und textile Arrangements: Sie schuf minimalistische Choreografien, festgehalten in einer komplexen grafischen Bewegungsnotation und farbintensive Wandteppiche. Zu ihrem 100. Geburtstag widmet das Georg Kolbe Museum ihrem vielseitigen Werk eine umfassende Ausstellung. Für Noa Eshkol (1924–2007) war der Tanz eine für sich stehende Kunstform. 

Die Eshkol-Wachmann Bewegungsnotation

Er sollte ohne Bühnenbild, Kostüme oder Musik auskommen – die absolute Konzentration auf das Wesentliche war ihr Ziel. Mit einem tiefen Verständnis für Körper und Räumlichkeit entwickelte sie choreografische Werke, in denen Körperteile wie separate Instrumente behandelt wurden.

Das Chamber Dance Quartet (Ensemble 1) tanzt Spring von Noa Eshkol im Ohel Theater. Vorne: Noa Eshkol. Hinten (v.l.n.r.): John G. Harris, Mirhal’e Sharon, Naomi Polani. Foto: T. Brauner, 1954-1956 © The Noa Eshkol Foundation for Movement Notation, Holon, Israel

Ihre Choreografien kodierte sie mit einem einzigartigen Notationssystem, das die umfassende Analyse und schriftliche Aufzeichnung von Bewegung des menschlichen Körpers, aber auch von Tier- oder Maschinenbewegungen möglich macht und das sie in den 1950er Jahren gemeinsam mit dem Architekten Abraham Wachmann entwickelte: die Eshkol-Wachmann Bewegungsnotation (EWMN)

Textile Tänzer:innen

Den Gegenpol zu Eshkols minimalistischen Choreografien, Bewegungsanalysen und grafischen Tanznotationen bilden in der Ausstellung ihre großformatigen und farbintensiven Wandteppiche.

Noa Eshkol, The Four Seasons, ca. 1980, Baumwolle, Sisal, Wolle, Lurex, Viskose, Lamé, Satin, Polyester, Jersey, Baumwollkrepp, Seidentaft, 484 x 484 cm, © The Noa Eshkol Foundation for Movement Notation, Holon, Israel. Foto: Jens Ziehe, Berlin courtesy The Noa Eshkol Foundation for Movement Notation, Holon, Israel, and neugerriemschneider, Berlin 

Mit Ausbruch des Jom-Kippur-Krieges 1973 begann Eshkol abstrakte textile Kompositionen aus gesammelten und gespendeten Stoffresten zu kreieren. Aus dieser Zeit stammt auch das titelgebende Zitat: „No time to dance“ von ihr: Mit Beginn des Krieges wurde ein Tänzer ihres Ensembles eingezogen und sie entschied, dass „dies keine Zeit zum Tanzen“ sei. Eshkol verwendete die Stoffreste in ihrer ursprünglichen Form und arrangierte sie zu Textilkompositionen, die sie gemeinsam mit ihren Tänzer*innen zusammennähte. 

Pause: The Noa Eshkol Chamber Dance Group (2023)

Ein weiterer Teil der Ausstellung gehört Werken zeitgenössischer Künstler*innen, die von Eshkols Praxis inspiriert wurden, wie Yael Bartana (*1970, Kfar Yehezkel, Israel) Omer Krieger (*1975, Tel Aviv, Israel), Sharon Lockhart (*1964, Norwood, Massachusetts, USA) und Ayumi Paul (*1980, Giessen, Deutschland), die für die Präsentation eine neue Auftragsarbeit entwickelt.  

Yael Bartana, The Undertaker, 2019, video still, courtesy of Petzel Gallery, New York; Annet Gelink Gallery, Amsterdam and Sommer Contemporary Art, Tel Aviv

Die von den KW Institute for Contemporary Art produzierte Neupublikation der ersten Eshkol-Wachmann Bewegungsnotation schlägt die Brücke zwischen den Performances Pause: The Noa Eshkol Chamber Dance Group, die im Sommer 2023 in den KW gezeigt wurden und der Ausstellung im Georg Kolbe Museum 2024. Das Buch wird am 17. März 2024 im Rahmen des Eröffnungswochenendes im Georg Kolbe Museum vorgestellt.   

Hommage an Noa Eshkol

Anlässlich der Ausstellung eröffnet das Georg Kolbe Museum außerdem eine neue thematisch-ausgerichtete Sammlungspräsentation. Sie gibt einen Einblick zum Thema Tanz in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, Anknüpfungspunkte und Brüche. Sie zeigt Skulpturen, Zeichnungen und Fotografien der Sammlung des Museums, sowie Georg Kolbes Verbindungen zu bekannten Tänzer*innen der Zeit wie etwa Gret Palucca, der Lehrerin der Tänzerin Tile Rössler, die nach ihrer Emigration nach Tel Aviv dort auch Noa Eshkol unterrichtete.  

Documentation of the model (orbit) of the system of reference the mobile exhibition on the Eshkol-Wachman movement notation. Noa holds the system model (1=45 degrees). 1957, photo: John G Harries © The Noa Eshkol Foundation for Movement Notation, Holon, Israel

Am 28. Februar 2024 findet anlässlich des 100. Geburtstags von Noa Eshkol eine Performance der Noa Eshkol Chamber Dance Group in Cholon, Israel statt. Die Performance dauert ca. 40 Minuten und kann ab 18:20 Uhr (GMT+1) live über Zoom mitverfolgt werden. 

No Time to Dance


Noa Eshkol

15. März – 25. August 2024
Eröffnung: 14. März, 18-21 Uhr 

Georg Kolbe Museum
Sensburger Allee 25, 14055 Berlin

Live-Performance der Noa Eshkol Chamber Dance Group in Cholon, Israel über Zoom am 28. Februar 2024, 18:20 Uhr – Teilnahme mit Link    

Mit Werken von Noa Eshkol, Yael Bartana, Omer Krieger, Sharon Lockhart und Ayumi Paul

das Georg Kolbe Museum 


Das Georg Kolbe Museum befindet sich im denkmalgeschützten Künstlerhaus des Bildhauers Georg Kolbe (1877–1947) in Berlin. 1950 als Stiftung zur Erschließung, Bewahrung und Vermittlung von Kolbes künstlerischem Nachlass gegründet, versteht sich das Haus heute als Ort der Begegnung, des Austauschs und der Forschung.

Das Museum fördert mit Ausstellungen, Veranstaltungen und Vermittlungsangeboten zur Klassischen Moderne und der zeitgenössischen Kunst einen lebendigen Dialog, der historische Fragen mit dem Heute verbindet. Das Ausstellungshaus beherbergt eine bedeutende Sammlung moderner Kunst aus dem Umfeld von Georg Kolbe. Kernthemen des Museums sind die Klassische Moderne im Medium der Bildhauerei mit einem besonderen Augenmerk auf die Bildhauerinnen dieser Zeit.

Tanz, Fotografie, die Architektur des Neuen Bauens und die Erforschung von Georg Kolbes Wirken während des Nationalsozialismus haben zudem einen hohen Stellenwert in der Museumsarbeit.


Header Image: The Chamber Dance Quartet (Ensemble 1) dances "Peacocks" by Noa Eshkol in the Ohel Theater, Tel Aviv. Front: Noa Eshkol. Back (left to right): Naomi Polani, John G. Harries, Miral'e Sharon. photo: T. Brauner, 1954-1956 © The Noa Eshkol Foundation for Movement Notation, Holon, Israel

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