Liebe Freund*innen des Verbrecher Verlages,
Ende April gibt es vielleicht schon eine neue Regierung, die auf jeden Fall eher zurück in die Verangenheit will als nach vorn in die Zukunft. Man hat damit gerechnet, trotzdem ist es ärgerlich. Allerdings bleiben wir wohlgemut, wir glauben weiterhin, dass es eines Tages besser wird.
Dafür wollen wir auch mit fünf guten neuen Büchern sorgen – zudem folgt der Hinweis auf unsere kommenden Veranstaltungen und unsere Stände auf zwei tollen linken Buchmessen und der obligatorische kurze Text eines/einer unserer Autor*innen (wieder ist es ein Gedicht), denn Sie wollen ja gute Texte lesen und nicht nur “Infos” bekommen.
Doch zuerst unsere 5 Neuerscheinungen: 3 mal schönste und ergeifende Belletristik, 2 mal beeindruckende politische Analyse und 1 mal beste Sozialgeschichte:
“Brief an die Mutter” von Bela Winkens

(mit einem Nachwort von Gabi Bauer und Peter Piro)
In ihrem ebenso zornigem wie poetischen “Brief an die Mutter” schreibt Bela Winkens an ihre Mutter, die im KZ Auschwitz ermordet wurde und die sie nie wirklich kennenlernen konnte. Sie erzählt ihr von ihrer Kindheit, ihren Erinnerungen an das KZ Theresienstadt, das sie als Vierjährige überlebte, und wie sie als Überlebende mit dem Schmerz und der Trauer im Laufe ihres Lebens umzugehen gelernt hat.
Das Buch wird am 13. 5. in der Verbrecher Versammlung von Esther Becker, Dilek Güngör, Manja Präkels und Anke Stelling vorgestellt.
“Das Wespennest” von Peter O. Chotjewitz

mit Radierungen von Cordula Güdemann
Die nordhessische Kleinstadt Hofacker steht im Mittelpunkt dieses Romans, der größtenteils von Karl-Otto Modjewski, genannt Modder, erzählt wird. Von der Maifeier 1933 bis zur Bundestagswahl 1998 (in der ein Kanzler Gregor Gysi gewählt wird) spannt sich die erzählte Zeit. Die insgesamt sechsundsechzig Kapitel des Romans bieten immer auch Abschweifungen zur deutschen Geschichte, daher sind die Vergangenheitsbewältigung, die RAF, Elvis Presley in Frankfurt und das Bayreuther Festspielhaus genau so Thema, wie der Mauerfall und die privaten Probleme des Schriftstellers und Rechtsanwaltes Modder.
Dieses deutsche Geschichtspanorama wird, wie Chotjewitz es sich zuletzt gewünscht hat, von der Malerin Cordula Güdemann kongenial illustriert. Mit dieser Edition ist der „legendäre Roman“, wie ihn das Stuttgarter Literaturhaus nannte, endlich wieder lieferbar.
“Neon / Grau” von Anna Lux und Jonas Brückner

Zwischen Neon und Grau schimmern die vielen Geschichten über 1989/90 und den Osten mit all seinen Widersprüchen und Konflikten. Popkultur erzählt davon, im Gangsta-Rap aus Ostberlin, in Romanen über die brandenburgische Provinz, in Filmen über Aufbrüche und Abbrüche.
“Neon / Grau” fügt diese Geschichten zusammen und bringt sie miteinander ins Gespräch – über Freiheiten und Verluste, Zugehörigkeit und Ausgrenzung, Jugend und Gewalt, ländliche Räume und Geschlechterverhältnisse.
Die Beiträge ergänzend kommen zu Wort: Hendrik Bolz, Marion Brasch, Paula Fürstenberg, Aelrun Goette, Max Hertzberg, Harald Homann, Katharina Kollmann (aka Nichtseattle), Grit Lemke, Maren Möhring, Daniel Peisker (Astro Ritter Kollektiv), Vũ Vân Pham, Manja Präkels, Peggy Piesche, Masha Qrella, Tucké Royale, Regina Scheer und Bettina Wilpert.
“Halbbildung. Kritische Theorie der Pädagogik”

Hg. v. Sebastian Gräber, Henning Gutfleisch, Tarek Probst, Anna-Josepha Stahl, Patrick Viol und Max Wevelsiep
Halbbildung ist das Gegenteil von Bildung und die aller Aufklärung zum Trotz herrschende Form des gegenwärtigen Bewusstseins. Sie ist eins mit Konformismus, Ressentiment und stereotypem Denken. Dass sich Universitäten und der Kulturbetrieb nach dem 7. Oktober 2023 als Nährboden für Antisemitismus erweisen, ist kein Zufall. Wo narzisstische Selbstvergewisserung selbstständiges Denken abgelöst hat, wird Halbbildung total. Die Frage nach dem Warum erfordert Theorie und Kritik der Pädagogik wie der Gesellschaft.
In »Halbbildung« fokussieren sich die Autor*innen darauf, was Bildung und Erziehung unter den gegebenen gesellschaftlichen Bedingungen zu leisten beansprucht – und was auch durch diese systematisch verhindert wird. Dabei wird eine Rettung desjenigen anvisiert, was die von der Barbarei ergriffene bürgerliche Gesellschaft nur beschädigt hinterließ.
Die Beiträge verhandeln den Zusammenhang von Psychologie und Pädagogik, kritisieren das Konzept von Empowerment, fragen nach der Möglichkeit von Bildung nach Auschwitz und zeigen, warum die herrschende Kultur der Mitmenschlichkeit eine wesentliche Erscheinungsform bürgerlicher Kälte ist.
„Halbbildung – Kritische Theorie der Pädagogik“ ist der zweite Band der von der Gesellschaft für kritische Bildung e.V. verantworteten Reihe „Beiträge zur kritischen Theorie“.
Mit Beiträgen von Ulrich Mathias Gerr, Anne Gräf, Henning Gutfleisch, Enrico Pfau, Thassilo Polcik, Nadine Randak, Michael Schüßler, Anna-Josepha Stahl und Patrick Viol.
“Antisemitismus und die AfD” von Stefan Dietl

Antisemitismus ist in der AfD allgegenwärtig. Immer wieder attackiert die Partei unter Rückgriff auf antisemitische Stereotype prominente Vertreter*innen jüdischen Lebens, teilen führende AfD-Funktionär*innen antisemitische Verschwörungserzählungen oder relativieren die Verbrechen des Nationalsozialismus. Trotz der zahlreichen einschlägigen Skandale in ihrer noch jungen Parteiengeschichte wird dem Antisemitismus in der Analyse der AfD jedoch kaum Beachtung geschenkt.
In seinem Buch widmet sich Stefan Dietl dieser Leerstelle und beschreibt den Antisemitismus als wesentliches Ideologieelement und Welterklärungsmodell der AfD. Dabei nimmt er die verschiedenen Erscheinungsformen des Judenhasses in der Partei ebenso unter die Lupe wie die Versuche der AfD, sich als Bollwerk gegen Antisemitismus und Fürsprecherin Israels zu inszenieren.
Zudem wirft er einen kritischen Blick auf die angebliche Tabuisierung des Judenhasses in der deutschen Gesellschaft und auf die Renaissance des Antisemitismus im öffentlichen Raum.
Linke Buchmessen:
- 1. Feministische Buchmesse Berlin vom 9. bis zum 11. Mai – wir sind mit einem Stand vertreten.
- 2. Linke Buchtage Berlin vom 23. bis zum 25. Mai 2025 – wir sind mit einem Stand vertreten, zudem werden Jonas Bückner, Stefan Dietl und Simoné Goldschmidt-Lechner ihre Bücher vorstellen.
Termine:
Wir empfehlen besonders die 26. Lange Buchnacht in der Oranienstraße 2025, die am 17 Mai stattfinden wird und bei der Esther Becker und Frank Witzel lesen werden sowie die Verbrecher Versammlung am 13. Mai in der Fahimi Bar, bei der Esther Becker, Dilek Güngör, Manja Präkels und Anke Stelling das Buch “Brief an die Mutter” der Holocaustüberlebenden Bela Winkensvorstellen werden.
Zudem startet Stefan Dietl seine große Lesereise und es gibt viele neue Termine für Robert Stadlober, der sein Tucholsky-Programm vorstellt.
Darüber hinaus gibt es viele neue Termine online wie offline, vielleicht ja auch in Ihrer Gegend, vielleicht ja auch in Ihrem Internet.
Für alle Termine siehe: Terminkalender.
Und hier schließlich das eingangs versprochene Gedicht:
Lied von der Freiheit
von Günther Weisenborn
Da hör ich heut so viele von der Freiheit schrein
und frag, wie groß soll denn genau die Freiheit sein?
Hat der seine Freiheit
und der keine?
Hat der große Herr ’ne große
und der kleine Mann ’ne kleine?
Ja, so soll es sein,
schreit ihr, das ist fein!
Und die große ist die meine!
Doch wer sie einteilt, muss gerecht sie messen,
will er des kleinen Mannes Freiheit nicht vergessen.
Reicht doch die seine
nur so weit wie seine Scheine,
und das heißt für seine
Familie knapp sich satt zu essen.
Doch der Große kann zufrieden schlafen,
wohnt mit Spesen, Reisen, Villen
hinter einer Hecke scharfer Paragraphen.
Ja, da hör ich heut so viele von der Freiheit schrein
und seh, das muss eine andre Freiheit sein.
Groß ist sie für Große,
klein für Kleine.
Wenn die Reichen Freiheit erster Klasse fahren,
muss man für die kleine Freiheit sparen.
Gerecht soll Freiheit sein?
Natürlich! Teilt sie ein!
Doch damit’s für alle reicht: wer nimmt die kleine?

Aus dem Band “Bist du ein Mensch, so bist du auch verletzlich” von Günther Weisenborn.
Zudem gibt es viele neue Termine, siehe: Terminkalender.
Herzlich grüßt:
der Verbrecher Verlag
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