Der Reclam-Band versammelt zentrale politische und literarische Schriften von Olympe de Gouges, einer der ersten Frauenrechtlerinnen der Geschichte. Sie war eine mutige Stimme während der Französischen Revolution und forderte mit radikaler Klarheit: Frauen müssen die gleichen Rechte erhalten wie Männer.
»Die Erklärung der Rechte der Frau und Bürgerin« (1791)
„Die Frau wird frei geboren und bleibt dem Manne gleich in allen Rechten.“ (Artikel I)
Diese Schrift ist das Herzstück des Bandes. Olympe de Gouges antwortet damit direkt auf die »Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte« (1789), die ausschließlich Männer im Blick hatte. In 17 Artikeln fordert sie die volle rechtliche, soziale und politische Gleichstellung der Frau.
„Wenn die Frau das Recht hat, das Schafott zu besteigen, muss sie auch das Recht haben, die Rednertribüne zu besteigen.“ (Artikel X)
De Gouges entlarvt die Doppelmoral der Revolutionäre: Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit galten offenbar nur für Männer. Ihre Forderungen nach Bildung, Eigentumsrecht, Wahlrecht und öffentlicher Teilhabe für Frauen waren revolutionär – und gefährlich. Die Gleichheit auch auf dem Schafott einzufordern, sollte letztendlich auch de Gouges während der Französischen Revolution treffen.
Weitere politische Schriften
Der Band enthält auch andere politische Texte, wie etwa:
- „Die drei Urnen oder das Wohl der Heimat“, eine Schrift über verschiedene Regierungsformen,
- sowie Briefe und Stellungnahmen, in denen sie sich u. a. gegen die Sklaverei ausspricht.
Daraus entstammen Zitate wie: „Die Ehe ist das Grab des Vertrauens und der Liebe.“ Sie spricht jedoch nicht nur für Frauen – auch soziale Gerechtigkeit, die Rechte der Armen, der Kinder und der Kolonisierten (z. B. afrikanischer Sklaven) sind zentrale Themen. Damit war sie ihrer Zeit weit voraus. In erste Linie schrieb de Gouges lebensnahe Gegenentwürfe für eine gleichgestellte Gesellschaft.
„Ein Staat, der auf der Unterdrückung der Frau aufgebaut ist, wird nie frei sein.“
Literarische Texte und Theater
Olympe de Gouges war auch eine Dramatikerin. In Stücken wie »Zamore und Mirza oder der glückliche Schiffbruch« thematisiert sie Kolonialismus und Rassismus – ungewöhnlich für eine Autorin im 18. Jahrhundert. Ihre Theaterstücke waren oft politisch, was bei Kritikern auf Widerstand stieß.
Bedeutung und Vermächtnis
Olympe de Gouges wurde 1793 unter der Schreckensherrschaft Robespierres hingerichtet – wegen „politischer Unruhe“. Doch ihre Texte leben weiter: Sie gilt heute als eine Wegbereiterin des modernen Feminismus. Ihre Vision war mutig und klar: Freiheit und Gleichheit müssen für alle gelten – ohne Ausnahme.

Mit einem Essay von Margarete Stokowski
[Was bedeutet das alles?]
Neuübersetzung
Übers. von Ute Kruse-Ebeling
78 S.
ISBN: 978-3-15-019527-7
7,00 €
erschienen im Reclam Verlag
Über Olympe de Gouges (1748–1793)
Olympe de Gouges, mit bürgerlichem Namen Marie Gouze, wurde 1748 in Montauban (Südfrankreich) geboren. Aus einfachen Verhältnissen stammend, heiratete sie früh, wurde aber bald Witwe – ein Schicksal, das ihr Unabhängigkeit ermöglichte. Sie zog nach Paris, nannte sich Olympe de Gouges und wurde dort als Schriftstellerin, Dramatikerin und politische Aktivistin bekannt.
In einer Zeit, in der Frauen kaum öffentlich auftreten durften, meldete sie sich laut und mutig zu Wort. Sie schrieb Theaterstücke, Essays, Flugschriften und politische Manifeste, in denen sie sich für Frauenrechte, soziale Gerechtigkeit und die Abschaffung der Sklaverei einsetzte.
Ihr berühmtestes Werk, die »Erklärung der Rechte der Frau und Bürgerin« (1791), war eine direkte Provokation der männlich dominierten Revolution. Sie forderte darin das Wahlrecht, das Recht auf Bildung und Eigentum sowie politische Teilhabe für Frauen – und das in einer Zeit, in der solche Forderungen als subversiv galten.
Obwohl sie die Ideale der Französischen Revolution unterstützte, wandte sie sich gegen deren radikale Auswüchse. Sie kritisierte Robespierre und die Gewalt der Jakobiner – was ihr zum Verhängnis wurde.
Am 3. November 1793 wurde sie unter der Guillotine hingerichtet. Ihr „Verbrechen“: Sie habe sich zu sehr in die Politik eingemischt – als Frau.
Nachwirkung
Olympe de Gouges wurde nach ihrem Tod lange vergessen, doch heute gilt sie als eine der großen Vordenkerinnen des Feminismus. Ihre Schriften sind ein eindrucksvolles Zeugnis davon, wie früh Frauen für Gleichberechtigung kämpften – mit Mut, Verstand und unerschütterlicher Überzeugung.
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