Schwules Museum Berlin: neue Ausstellungen zur Sexarbeit

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Im Juli 1984, also vor genau 40 Jahren, erfolgte die Initialzündung zur Gründung des Schwulen Museums. Der Anlass war die Ausstellung Eldorado – Geschichte, Alltag und Kultur homosexueller Frauen und Männer 1850–1950 im Berlin Museum, von dortigen schwulen Mitarbeitenden initiiert und von Direktor Rolf Bothe gegen Widerstände im Verein der Freunde und Förderer des Museums durchgesetzt. Das Wagnis wurde belohnt: nachdem im Juni 1984 schon über 30.000 Besucher*innen gezählt wurden, verlängerte man die Ausstellung bis Ende Juli.

Header Image: "Nico, um 1987", eine Arbeit von Jürgen Baldiga, zu sehen in unserer neuen Ausstellung Analog.

Unser aktuelles Fundstück des Monats aus dem Archiv, wie immer in unserem Museumscafé ausgestellt, ist eine Postkarte aus dieser Zeit, an Andreas Sternweiler, einen der Eldorado-Kuratoren, adressiert. Ihr ist ein Ausschnitt aus der Frankfurter Rundschau beigefügt. Eine schreibende Person mit dem Kürzel “KWi” (Karsten Witte?) berichtet darin vom ungewöhnlich starken Interesse der Öffentlichkeit an der Ausstellung, aber auch von “italiensüchtig aufgeschwemmte[n] Klischees” in den ausgestellten Kunstwerken.

Aus der einmaligen Sensation wurde im Jahr darauf eine feste Institution, deren Herz ein immer weiter wachsendes Archiv ist. Aktuelle Dimensionen: 1000 laufende Regalmeter auf über 500 m² Fläche,  geschätzt 1,5 Millionen Objekte aus Kultur und Geschichte der LSBTIQ* Communitys. Dazu gehören auch umfangreiche Nachlässe und Bestände von Künstler*innen, die fern von italiensüchtigen oder anders aufgeschwemmten Klischees queeres Leben und queere Erfahrungen in Szene gesetzt haben.

Mini Ausstellung: Analog

Vier Fotograf*innen, die unsere Sammlung um völlig klischeefreie Werke bereichern, stellen wir in unsererneuen kleinen Ausstellung Analog vor. Damit bieten wir Vertiefungen und Erweiterungen zum Material unserer Wanderausstellung Love at First Fight! an, die im gleichen Raum aufgebaut ist.

Elemente aus Love at First Fight! vor der Serie “Tittendominanz” von Krista Beinstein, Teil der neuen Ausstellung Analog (Foto: Yu Mitomi)

Wo dort Bewegungsmomente, Konflikte und Interventionen in kurzen Blitzlichtern manifest werden, zeigen die ausgewählten Fotoserien von Rüdiger Trautsch, Petra Gall, Krista Beinstein und Jürgen Baldiga Zusammenhänge, übergeifende Sujets, überraschende Perspektiven und normüberwindende Körperinszenierungen als Repräsentationen einer queeren Ästhetik, die sich einerseits aus diesen Momenten speist, andererseits aber über das Dokumentieren hinaus geht.

Diversität pur

Freunde und Liebhaber, Gewichtheberinnen, lesbische Tittendominanz und Männer in Alltagskleidung und Drag stellen miteinander interessante und oft auch witzige Zusammenhänge her – und gleichzeitig stehen sie sinnbildlich für die Diversität unserer Archivschätze.

Was uns zu einer Information in eigener Sache bringt: Wir haben die Leitung unseres Archivs und unserer Sammlung aktuell ausgeschrieben. Außerdem suchen wir eine zweite Person in der Geschäftsführung. Schaut euch die Ausschreibungen gerne mal auf unserer Job-Seite an. Und bei der Gelegenheit weisen wir auch gerne darauf hin, dass der Verein “RuT e.V.” aktuell eine neue Gesamtleitung sucht. Initialzündungen für queere Projekte sind großartig – die Sicherung und Entwicklung ihrer Errungenschaften aber mindestens genauso wichtig!

Einen schönen Juli wünscht
Euer SMU-Team!

Love at First Fight!

Queere Bewegungen in Deutschland seit Stonewall | bis 30. September 2024

Unsere Wanderausstellung Love at First Fight!, von uns liebevoll “Dauerbrenner” genannt, ist nach vielen Stationen an unterschiedlichen Orten in der Welt seit 2023 wieder im Schwulen Museum zu sehen. Sie zeigt, dass das bekannte Narrativ der Erfolgsgeschichte queerer Bewegungen hin zum Happy End bürgerlicher Anerkennung die vielen Kämpfe, Konflikte und produktiven Diskussionen überstrahlt, die in den letzten 55 Jahren in Ost- und West- und dem vereinigten Deutschland stattgefunden haben. 

Analog.

Vier Fotograf*innen aus der Sammlung des Schwulen Museums | bis 30. September 2024

Zu den vielen Schlaglichtern, die diese Ausstellung auf die Momente wirft, in denen es bewegungsgeschichtlich geruckelt hat, haben Fotograf*innen wie Rüdiger Trautsch, Petra Gall, Krista Beinstein und Jürgen Baldiga ikonische Bilder geliefert. In einer kleinen Ergänzungsausstellung, die wir Analog genannt haben, lässt sich das künstlerische Werk dieser vier Fotograf*innen jetzt anhand einzelner Serien vertiefen.

With Legs Wide Open:

Ein Hurenritt durch die Geschichte | bis 11. November 2024

Unser Hurenritt durch die Geschichte With Legs Wide Open hat auch im Juli ein großartiges Rahmenprogramm zu bieten: ein Filmfestival, ein Spaziergang durch Schöneberg, eine Kurator*innenführung und ein flashmob über Berlin von hinten!

Nach wie steht unser fiktives “Museum für Sexarbeit” für die Besucher*innen offen, die deutsche und speziell Berlin-Geschichte mal aus Hurenperspektive erfahren wollen. With Legs Wide Open – Ein Hurenritt durch die Geschichte läuft seit März, und immer noch staunen die Besucher*innen, wie es dem Kurator*innen-Team gelungen ist, Objekte und Kunstwerke von Sexarbeitenden aus verschiedenen Archiven, von Initiativen, Organisationen und Einzelpersonen zusammenzutragen und damit die eigene Geschichte ausschließlich aus der Perspektive gelebter Erfahrungen zu erzählen.

Wir waren schon immer überall

Sexarbeit im Bülowbogen | Audiowalk

Und in diesem Zusammenhang weisen wir auch nochmal auf die Audio-Tour “Wir waren schon immer überall” in der berlinHistory-App hin, mit der uns Sexarbeitende akustisch auf einen Spaziergang zu den für sie historisch wichtigen Schönberger Orten mitnehmen. Und im Rahmenprogramm der Ausstellung wird dieser Spaziergang am 17. Juli auch wieder live angeboten (s.u.).

Am 20. Juli zeigt das Sur Real Film Festival im b-ware!ladenkino in der Gärtnerstraße putikinoein Programm mit sieben Filmen von Sexarbeiter*innen. Die Idee: Nicht mehr Objekt der Kamera sein, sondern selbst den Blick bestimmen! Moderiert wird der Abend von L’Adios.

Flashmob & Neon, Glitter, Glow!

Am 26. Juli gibt es wieder einen flashmob in der Ausstellung, dieses Mal mit dem Fokus auf mann-männliche und schwule Sexarbeit. Kurator Valentin Rion vertieft den Aspekt der Ausstellung für alle, die sich um 15 Uhr in der Ausstellung befinden. Es muss kein Extra-Ticket dafür bezahlt werden. Gleiches gilt für die Kurator*innenführung am 31. Juli (auch um 15 Uhr) durch die gesamte Ausstellung.

Einen Workshop zur Ausstellung haben wir auch noch im Programm. “Neon, Glitter, Glow!” richtet sich an Jugendliche und junge Erwachsene (16-21), die mit Kameras, Stift und Schere erforschen können, welche Beiträge Sexarbeitende zur queeren Kultur geschaffen haben und was ihre Forderungen sind. Wie man sich dafür anmelden kann, steht hier.

Am 17. Juli um 15 Uhr (Treffpunkt U-Bhf Bülowbogen vor dem Café Einstein) führt uns Ernestine Pastorello auf einem Spaziergang durch die Geschichte Schönebergs als Knotenpunkt der Sexarbeit von 1850 bis in die Gegenwart. Quasi die Live-Version der Audiotour „We Have Always Been Everywhere“, die auf Deutsch und Englisch in der Berlin History App verfügbar ist. Der Live-Spaziergang endet am Schwulen Museum. Die Teilnahme ist kostenlos.

Film Still aus “Stone Dove” von Chichi Castillo & May May Peltier, zu sehen im putikino am 20. Juli

With Legs Wide Open

Donnerstag, 04.07., 18 Uhr (DE)
Freitag, 05.07., 18 Uhr (EN)
Sonntag, 07.07., 15 Uhr (DE)
Sonntag, 07.07., 16 Uhr (EN)
Donnerstag, 11.07., 18 Uhr (EN)
Samstag, 13.07., 16 Uhr (DE)
Donnerstag, 18.07., 18 Uhr (DE)
Freitag, 19.07., 15 Uhr (EN)
Donnerstag, 25.07., 18 Uhr (DE)
Freitag, 26.07., 15 Uhr (DE)
Mittwoch, 31.07., 15 Uhr (DE)

Love At First Fight!

Jeweils Samstags, 06.07., 16 Uhr (DE), 20.07., 16 Uhr (DE), 27.07., 16 Uhr (DE)

Die Führungen sind kostenlos, bezahlt werden muss nur der Museumseintritt. 

WEITERE INFORMATIONEN ZU DEN AUSSTELLUNGEN

Schätzchen des Monats

Michael ist Herr seines Chaos. (Foto: mino Künze)

Im Juli spricht Michael Fehlhaber alias Michael Waentig über seine Reise von einem zurückhaltenden Architekten zu einem unverzichtbaren Ehrenamtler im Schwulen Museum. Beim Nachdenken über die Herausforderungen und Erfolge bei der Archivierung der Aktion “Standesamt 1992” gewährt er uns persönliche Einblicke in seine unkonventionelle Lebensgeschichte. Warum die Homo-Ehe zu seinem Herzensthema wurde und welche unerwarteten Entdeckungen er dabei machte, verrät er uns hier.

Öffnungzeiten Archiv & Bibliothek:
Montag, Mittwoch – Freitag: 14 Uhr – 18 Uhr. Dienstags Ruhetag.

Fundstück

Unser Archiv ist mit etwa 1,5 Millionen Archivalien die größte Sammlung an Dokumenten und Realien zur LSBTIAQ+-Geschichte in Deutschland. Durch Schenkungen von Privatpersonen wächst die Sammlung ständig um kuriose Funde und historisch bedeutsame Gegenstände. Diese stellen wir euch auf Social Media und im Museumscafé vor.

Diesen Monat haben wir eine Postkarte ausgestellt, die unseren Urknall dokumentiertDie Ausstellung “Eldorado”, die im Juni und Juli 1984 im Berlin Museum stattfand. Jetzt zu sehen im Museumscafé und bald auch auf Instagram und Facebook!

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Die Ausstellung „Dessauer Straße und andere Geschichten“ des DAZ wird 2025 fortgesetzt. Erleben Sie Führungen mit den Kuratorinnen im Januar! Zudem "die Abrissfrage" eine Ausstellung, die ab März 2025 im @daz_berlin zu sehen ist. "Wir (das Staatsballett) sind bestürzt über die heute beschlossenen Kürzungen des Kulturetats. Der Senat nimmt dem kulturellen Leben in der Stadt die Luft." ­­­­Die Künstlerische Leitung der #documenta16 steht fest: Naomi Beckwith wurde von der internationalen Findungskommission ausgewählt und vom Aufsichtsrat berufen. Die documenta 16 findet vom 12. Juni bis 19. September 2027 in Kassel statt. Overflowing with synthpop vibes, the Berlin band is back with a dynamic album, featuring their haunting new single—a tribute to iconic female goth figures. @dinasummermusic @iptamenosdiscos Das Internationales Workshop-Programm am @udk.berlincareercollege startet unter dem Titel "Utopia" im Juni 2025. Die Anmeldung für die Sommerkurse ist ab sofort möglich. Mehr dazu auf bspoque.com #linkinbio Die geplanten Kürzungen bedrohen Berlins kulturelle Vielfalt, den sozialen Zusammenhalt und künstlerische Innovationskraft – und damit die Identität der Stadt. Das ganze nochmals zusammengefasst auf bspoque.com #linkinbio
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