Das war die Devise auch von Kultursenator Chialo. Wir erinnern uns auch an die schlagzeilenträchtige „Rettung“ der Uferhallen zu Beginn des Jahres. Nun werden die bisher bestehenden und geplanten 2600 vorhandenen Räume dezimiert und damit alle dort arbeitenden Künstlerinnen und Künstler in Gefahr gebracht.
Statement der Atelierbeauftragten
„Die Nachsteuerung der Kürzungen in der Kultur opfert die Weiterentwicklung des Arbeitsraumprogramms. Das ist ein unerwarteter und plötzlicher Paradigmenwechsel, den wir aufs schärfste kritisieren.
Der Aufbau einer Infrastruktur für freischaffende Künstlerinnen und Künstler aller Sparten durch die Sicherung von Arbeitsräumen war bis vor zwei Wochen ein Berliner Vorzeigemodell! Nun wird die Fortentwicklung abrupt gestoppt und damit die Aufbauarbeit der letzten Jahrzehnte riskiert.“
Frauke Boggasch, Vorstandssprecherin des bbk berlin
Aus dem Titel zum Ausbau von Arbeitsräumen in landeseigenen Immobilien werden 18 Millionen gestrichen. Zudem sollen nebenbei in einer Entscheidung über die sogenannten SODA-Immobilien zahlreiche für die kulturelle Nutzung reservierte, landeseigene Immobilien nicht weiterentwickelt, sondern in private Hände gegeben werden. Damit rutscht die bisherige Politik, Raum für Kultur auf Landesebene zu sichern, weiter in den Hintergrund.
Die Folgen sind schlimmer als geahnt
Der Etat für den Erhalt bestehender Räume wurde nun doch „nur“ um 5 Millionen gekürzt. Trotzdem sind das knapp 20 Prozent der Mittel. Diese Kürzung ist ein überproportional hoher Betrag, der die Einkommensschwächsten in der Kulturlandschaft betrifft.
Und noch mehr: Mit dem verbindlichen Kommentar, die Kulturraum gGmbH abzuschaffen, wird eine knappe Anweisung getroffen, deren Auswirkungen überhaupt nicht abzusehen sind. Bisher weiß niemand, wie die Abschaffung des Generalmieters der Arbeitsräume rechtlich umgesetzt werden kann, hohe Folgekosten sind zu befürchten.
„Wir fordern die Politik nachdrücklich dazu auf, Verantwortung für alle Künstlerinnen du Künstler zu übernehmen, die mit einer verbindlichen Förderzusage Ateliers nutzen und einen rechtssicheren Erhalt der Arbeitsräume zu garantieren! Außerdem muss eine Neuausrichtung und eine verlässliche Planung für die Weiterentwicklung der Raum-Infrastruktur für Bildende Kunst gemeinsam in Angriff genommen werden. “
Julia Brodauf und Lennart Siebert, Atelierbeauftragte
Und die Leidtragenden?
Das sind die freischaffenden Kunstschaffenden, die trotz einem prekären Einkommen (ein Drittel der bildenden Künstler:innen lebt bereits unterhalb der Armutsgrenze) das Bild Berlins als Kulturmetropole maßgeblich mitprägen. Sie sind teilweise jetzt schon mit Kündigungen konfrontiert.
„Der Atelierbeirat macht mit wiederholter Dringlichkeit auf die zunehmend äußerst prekäre Situation der bildenden Künstler*innen aufmerksam, mit der wir in unserer Arbeit konfrontiert sind. Die Bewerbungen der Künstler*innen auf geförderte Atelierräume zeigen in dramatischen Schilderungen ihre wirtschaftliche und soziale Lage. Dazu gehören unter anderem der Verlust der Ateliers auf dem freien Markt durch Kündigung oder unbezahlbare Mieterhöhungen.
Wir stellen fest: Die Situationen der bildenden Künstler*innen hat sich im vergangenen Jahr rasant verschlechtert und die Verschlechterung nimmt weiter zu! Haushaltskürzungen im vorgesehenen Rahmen machen jahrelanges künstlerisches und förderndes Engagement unwiederbringlich zunichte und stellen zudem den Status Berlins als kulturelles Zentrum massiv in Frage: Sie gleichen einem Kahlschlag!“
Statement des Atelierbeirats, Dezember 2024
Zahlen, daten und Folgen
Seitens der Bildenden Kunst befinden sich 1054 Ateliers in der Förderung durch das Arbeitsraumprogramm. Als Atelier-Anmietprogramm existiert die Förderung bereits seit 31 Jahren und ist eines der wichtigsten Instrumente der Förderung Bildender Kunst in der Hauptstadt. Im Volumen macht die Förderung der Ateliers für bildende Kunst im Rahmen des Arbeitsraumprogramms 70% der spartenspezifischen Förderungen überhaupt aus, die das Land Berlin an Bildende Künstler:innen vergibt.
Rund 15 000 bildende Künstler:innen in Berlin leiden unter den horrenden Gewerbemieten und können ihren Beruf nur erschwert ausüben. Wir brauchen nach wie vor mindestens 3000 bezahlbare Ateliers alleine für die Bildende Kunst und können auf kein einziges der vorhandenen verzichten.
Wir kritisieren, dass dieser Senat das ganze Jahr über die Stadt durch den planlosen Umgang mit den Pauschalen Minderausgaben in einer Haushaltssperre belassen hat und es dennoch versäumt hat, frühzeitig mit einer verantwortungsbewussten und ressourcenschonenden Einsparungsplanung zu beginnen. Erkennbar fehlt es an Dialogen mit den Fachleuten in den Ressorts und an Kenntnis der Projekthistorien.
Julia Brodauf und Lennart Siebert
Atelierbeauftragte für Berlin und Leitung des Atelierbüros im Kulturwerk des bbk berlin
Über die Atelierbüros im kulturwerk des bbk berlin
Das Atelierbüro besteht seit über 30 Jahren und vermittelt geförderten Atelierraum. Seit 2021 ist es Teil des Arbeitsraumprogramms der Senatsverwaltung für Kultur und gesellschaftlichen Zusammenhalt, welches auch Räume für die benachbarten künstlerischen Sparten bereitstellt.
Das Arbeitsraumprogramm fußt auf zwei Säulen: Räume werden in landeseigenen Immobilien betreut und diese weiter ausgebaut. Zudem werden Räume vom freien Markt angemietet und subventioniert untervermietet.
Im Programm befinden sich rund 1050 Ateliers für Bildende Kunst. Es gibt auch rund 100 Atelierwohnungen. Diese wurden vom Atelierbüro über 30 Jahre hinweg entwickelt. In den vergangenen Jahren wurde ein Raumangebot für die anderen künstlerischen Sparten (Darstellende Kunst, Tanz, Literatur, Musik und Projekträume) entwickelt.
Mit der Kulturraum gGmbH wurde eine zentrale Organisationseinheit geschaffen. Auch das Atelierbüro arbeitet mit dieser Einheit zusammen. Rund 600 Räume befinden sich noch im Ausbau. Mehr Informationen auf BBK Berlin.
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