C/O Berlin: Drei neue Ausstellungen

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Demnächst: Das C/O Berlin präsentiert vom 27. Jan bis 22. Mai 2024 die Ausstellungen VALIE EXPORT. Retrospektive,  Laia Abril. On Rape – And Institutional Failure und Aladin Borioli. Bannkörbe. Sowie den C/O Berlin Talent Award 2023. Der Eintritt für die Eröffnung am Fr, den 26. Jan 2024, um 20:00 ist frei.

VALIE EXPORT: Retrospektive

Ausstellung  27. Jan – 22. Mai 2024

Die Ausstellung würdigt das vielschichtige Schaffen einer der international einflussreichsten Medien- und Performancekünstler:innen des 20. Jahrhunderts: VALIE EXPORT (*1940) hat mit ihrer medienreflexiven Praxis und ihrer kritischen feministischen Perspektive unerschrocken gesellschaftliche Normen und Rollenbilder herausgefordert. 

Die Retrospektive gewährt einen umfassenden Einblick in das künstlerische Wirken von VALIE EXPORT und präsentiert Werke, die zwischen 1966 und 2009 entstanden sind. Durch ihre aufsehenerregenden Aktionen im öffentlichen Raum in den späten 1960er Jahren erlangte die mittlerweile als Ikone der feministischen Kunst gefeierte Filmemacherin, Performance- und Medienkünstlerin Bekanntheit.

Die Ausstellung spannt den Bogen von den provokanten Expanded-Cinema-Aktionen über symbolträchtige Performances und analytische Konzeptfotos bis hin zu multimedialen Installationen und urbanen Interventionen. Sie verdeutlichen die vielseitige Entwicklung einer Künstlerin, deren Arbeiten bis heute aktuell sind und vielfach wichtige Referenz für gesellschaftspolitische Auseinandersetzungen wurden. 

die Repräsentation des weiblichen Körpers in einer patriarchalen Gesellschaft

Die Ausstellung zeigt viele von EXPORTs bahnbrechenden Arbeiten, wie etwa das TAPP und TASTKINO (1968), eine frühe Expanded-Cinema-Aktion, bei der die Künstlerin eine als „Kinosaal“ dienende Box vor ihren nackten Oberkörper schnallt und Passant: innen einlädt, für eine exakt definierte Zeitdauer ihre Brust zu berühren, wodurch der voyeuristische Blick auf den weiblichen Körper hinterfragt wird. Zu sehen ist auch die legendäre Aktion Aus der Mappe der Hundigkeit (1968), bei der EXPORT ihren damaligen Partner Peter Weibel wie einen Hund an einer Leine durch das Zentrum von Wien führt, um traditionelle Geschlechterverhältnisse zu hinterfragen und menschliches Verhalten mittels Tiervergleich zu untersuchen. 

VALIE EXPORTs multidisziplinäres Werk entzieht sich jeglichen Zu- und Festschreibungen und durchbricht mediale Grenzen und Genres. Neben dem eigenen Körper umfasst es Fotografien, Zeichnungen, Videos und Installation. Ein Schwerpunkt der Ausstellung liegt auf der Relevanz der Fotografie im Schaffen der Künstlerin. Ob zu dokumentarischen Zwecken, als Experiment oder als eigenständiges Werk, spielt diese eine zentrale Rolle. EXPORT formuliert ihre Analyse von Massenmedien und Abbildungsprozessen ausdrücklich als feministische Kritik, um die Rolle der Frau, ihre gesellschaftliche Marginalisierung und die Repräsentation des weiblichen Körpers in einer patriarchalen Gesellschaft zu untersuchen. 

In Kooperation:

VALIE EXPORT . Retrospektive bietet seit Langem die erste umfassende institutionelle Einzelpräsentation des facettenreichen Werks der Künstlerin. Die Ausstellung wird von Gastkurator Walter Moser (ALBERTINA, Wien) in Zusammenarbeit mit Boaz Levin (C/O Berlin Foundation) kuratiert. Sie war zuvor im ALBERTINA Museum Wien und im Fotomuseum Winterthur zu sehen und wird von einem Katalog begleitet.

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Organisiert von ALBERTINA, Wien in Zusammenarbeit mit dem C/O Berlin und ermöglicht durch die Hauptstadtkulturfonds.

Laia Abril: On Rape – And Institutional Failure

Ausstellung  27. Jan – 22. Mai 2024

Ala Kachuu (Bride Kidnapping), Kyrgyzstan, 2020 © Laia Abril, Courtesy Les filles du calvaire, Paris

In einer Assemblage aus eigenen und gefundenen Fotografien, Berichten, Zitaten, Videos und Artefakten widmet sich die katalanische Künstlerin Laia Abril (*1986) in ihrer umfassenden Recherchearbeit On Rape – And Institutional Failure dem Thema der strukturell ermöglichten Vergewaltigung. Über verschiedene Zeithorizonte, Kulturpraktiken und Medien hinweg, zeichnet sie die Normalisierung misogyner Denk- und Handlungsweisen in Gesellschaft und Politik nach, ohne dabei auf explizite Darstellungen sexualisierter Gewalt zurückzugreifen. 

Scham und Verurteilung

Der Ausgangspunkt für Laia Abrils Untersuchung war ein Vergewaltigungsfall in Spanien, der 2018 auf der Höhe der #MeToo-Bewegung landesweite Proteste auslöste. Fünf Männer, die eine junge Frau brutal vergewaltigt hatten, wurden anschließend gegen eine Kaution aus der Untersuchungshaft entlassen. Verurteilt wurden sie später nicht für den Tatbestand der Vergewaltigung, sondern für das mit geringerer Strafe geahndete Delikt des sexuellen Missbrauchs.

Im Licht des Aufschreis gegen ein fehlerhaftes und frauenfeindliches System geht Laia Abril der Frage nach, wie ein solch institutionelles Versagen möglich wurde – und welche historisch tradierten Grundüberzeugungen, kulturellen Prägungen, Mythen und Gesetze dazu führen, dass Machtdynamiken und Abhängigkeitsverhältnisse bis heute aufrechterhalten und Täter:innen geschützt werden. 

die erste institutionelle Einzelausstellung der Künstlerin in Deutschland

On Rape – And Institutional Failure ist das zweite Kapitel des Langzeitprojekts A History of Misogyny, in dem Laia Abril auf die vielfältigen Formen systemischer Gewalt gegen Frauen reagiert. Abril gelingt es, eine tiefgreifende Empathie für Betroffene sexualisierter Gewalt zu schaffen und gleichzeitig Betrachter:innen zum Nachdenken über das komplexe Verhältnis zwischen Erfahrung, Bild und Sprache sowie der Abbildbarkeit von Traumata zu bewegen.

Der bei dieser Thematik häufig empfundenen Sprachlosigkeit setzt sie eine bewegende wie politische Erzählung entgegen und appelliert sogleich an die gesamtgesellschaftliche Verantwortung. Mit ihrer recherchebasierten Praxis ist Laia Abril heute eine der wichtigsten Vertreter:innen einer neuen Generation von Künstler:innen, die anhand von Archiven, schriftlichen Zeugnissen und eigenem Bildmaterial komplexe, tabuisierte und verborgene Themen sichtbar macht und zu vielschichtigen Erzählungen über die Gegenwart gelangt. Das C/O Berlin präsentiert die erste institutionelle Einzelausstellung der Künstlerin in Deutschland. 

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Aladin Borioli: Bannkörbe . C/O Berlin Talent Award 2023

Ausstellung  27. Jan – 22. Mai 2024

Bannkorb,2023, Deutschland, Sammlung Hans-Günther Brockmann © Aladin Borioli, Ellen Lapper (Apian)

C/O Berlin Talent Award 2023 – Theorist: Auf den ersten Blick ist ein bizarres, in Holz geschnitztes Gesicht zu erkennen. Doch hinter der schmalen Öffnung, die den Mund darstellt, verbirgt sich weitaus mehr: Sie ist der Eingang in die faszinierende Welt der Bienen. Was wir sehen, ist einer von nur wenigen erhaltenen Bannkörben – ein Bienenstock, hergestellt aus organischen Materialien wie Holz, Stroh und Kuhdung.

„Davon auszugehen, dass wir mit der Sichtweise der Biene bereits vertraut seien oder dass sie zwangsläufig mit bestehenden Theorien übereinstimme, trägt nicht dazu bei, den Wunsch der Biene zu erkennen.“ 

Bas Blaasse

Diese spezielle Form der Imkereitechnik und Kunstwerkstradition war vor allem zwischen dem 16. und 19. Jahrhundert in Norddeutschland verbreitet. Die Körbe, jedes für sich ein Unikat, zeichneten sich durch ihre charakteristischen grotesken Masken aus, die den ‚bösen Blick‘ sowie Honigdiebe abwehren sollten. Innerhalb der Bienenforschung spiegeln sie den Glauben an Magie wider und bilden damit ein Modell, das im Gegensatz zu verschiedenen Arten des ‚modernen‘ Bienenstocks steht. Letzterer zielt häufig auf Produktivität, Profitorientierung und die Kontrolle von Bienen mittels moderner Technologien ab. 

Das Bienenministerium

In seinem Langzeit-Rechercheprojekt Bannkörbe untersucht Aladin Borioli (*1988, Schweiz) in Zusammenarbeit mit Bienenforscher:innen, Wissenschaftler:innen, Sammler:innen und Imker:innen auf künstlerisch-forschende Weise die soziohistorische, politische und ökologische Beziehung zwischen Menschen und allen Bienenarten. Bannkörbe stellt dabei eines von vielen Unterprojekten von Apian dar, einer kollaborativen Entität, initiiert von Aladin Borioli. Apian versteht sich als ein sich stetig erweiterndes und nie abgeschlossenes Archiv, das als eine Art ‚Bienenministerium‘ fungiert.

Das Multimediaprojekt Bannkörbe wird bei C/O Berlin erstmals in den Ausstellungsraum übersetzt. Die komplexe Ausstellung gliedert sich in verschiedene Stationen, die das Konzept des Bienenstocks, den alten Bienenglauben und die faszinierenden Möglichkeiten der Technik bei der Umsetzung alternativer Methoden der Bienenhaltung beleuchten. Neben eigenen künstlerischen Werken und einem fotografischen Verzeichnis mit bislang unveröffentlichten Aufnahmen von Bannkörben, lässt sich über die Jahre gesammeltes Archiv- und Forschungsmaterial aus der Bienenforschung sowie Kulturgeschichte erkunden.

Impulse für eine aktivere Fürsorge der Bienen

In einem abgeschlossener Raum mit einer Videoinstallation, die einen ‚modernen‘ Bienenstock von innen simulieren soll, können Besucher:innen Bienenwaben aus nächster Nähe beobachten, während ein interaktiver Forschungsbereich zu einer vertiefenden Auseinandersetzung einlädt. Mit Beharrlichkeit, Einfallsreichtum und der Methodik der visuellen Anthropologie bewegt sich Borioli in seiner Praxis zwischen Kunst und Wissenschaft, Fotografie, Philosophie und Feldforschung.

Seine kollaborative Arbeitsweise schafft ein außergewöhnliches Zusammenspiel unterschiedlicher Akteur:innen, Disziplinen und Denkweisen und eröffnet so verschiedene Perspektiven auf Bienen – und, sofern das möglich und mit den ethischen Leitlinien vereinbar ist, auch die Perspektive der Bienen selbst. Angesichts des alarmierenden Bienensterbens der vergangenen Jahrzehnte ist die Ausstellung Aladin Borioli . Bannkörbe ein Versuch, das Thema einer nachhaltigen Imkerpraxis in der Gegenwart zu verorten sowie Impulse für eine aktivere Fürsorge der Bienen zu setzen.

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Ermöglicht durch Alexander Tutsek-Stiftung

C/O Berlin

Ausstellungen, Bookshop,
C/O Berlin × Barkin’Kitchen Café

Täglich 11:00–20:00

Aktionshose: Genitalpanik, 1969, Courtesy Galerie Thaddaeus Ropac © VALIE EXPORT, VG Bild-Kunst, Bonn 2023; Foto: Peter Hassmann, VG Bild-Kunst, Bonn 2023

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