In das Privileg von Markus Rieger-Ladich und mit dem Untertitel Kampfvokabel und Erkenntnisinstrument versehen, formuliert der Autor einen Appell an die Leser:Innen sich mit dem Terminus und den einhergehenden Deutungshoheiten auseinander zu setzen. Das Buch reiht sich in die aktuellen Streitkultur rund um die Frage nach Privilegen in allen Gesellschaftsschichten ein. Nicht nur white oder male privilege werden von Rieger-Ladich auf ihre Ursprünge und die Konsequenzen dieser Denk- und Lebensweisen untersucht, sondern auch grundsätzlich philosophisch in Frage gestellt bzw. untersucht.
Kampfvokabel und Erkenntnisinstrument
Dabei entschlüsselt der Autor in das Privileg die Forderungen der untersuchten Milieus und ihren signifikanten Einfluss auf Bildung, sowie die generelle soziale Erwartungshaltung. Die selektive Auswahl und Vergabe bestimmter Privilegien innerhalb von politischen und sozialen Gegebenheiten, werden von Rieger-Ladich ebenfalls präzise untersucht, um ein rundes Bild über den hitzig diskutierten Begriff zu zeichnen und signifikante Argumente für einen progressiven Diskurs zu liefern.
Die Milieus und die politische Bildung
Überall wo der Begriff des Privilegs zum Einsatz kommt, seziert der Rieger-Ladich das Zustandekommen und die Umstände der damit einher gehenden und stetig neudefinierten Deutungshoheit, sowie deren Einfluss auf die Elitisierung vorselektierter Gruppen, um deren Privilegien innerhalb der Gesellschaft zu verteidigen oder nach heutigem Verständnis erneut zu hinterfragen. Vieles was der Autor beschreibt fußt auf der europäischen oder amerikanischen Denkweise und beleuchtet in einer kritischen Grundhaltung den Verlauf der vorwiegend patriarchalen Geschichtsschreibung, sowie die hervorgebrachten Herrschaftsansprüche des Bildungsbürgertums oder der vorwiegend weißen Dominanzkultur.
Feminismus und marginalisierte Gruppen
Besonders die Rolle des Feminismus und die von marginalisierten Gruppen nimmt der Autor in seinem Werk auf, um die Fehler in der teilweise einseitigen Argumentation von verfeindeten Lagern auf ihren Erfolg, sowie ihre Stichhaltigkeit zu überprüfen.
Er stößt damit auf die grundlegenden Frage, wann Privilegien so eingesetzt werden können, dass möglichst viele Individuen darauf zugreifen können und diese sie wiederum so nutzen, dass sie kein Vorrecht einer Elite mehr darstellen. Auch Themen wie Rassismus, politischer Klassismus und andere soziologische Benachteiligungen fallen unter die Analyse des Autors und werden eingehend beleuchtet und kontextualisiert.
Unterstützt wird das Werk abschließend von einem Leitfaden, der die eigenen Privilegien bzw. den Umgang mit diesen nochmals unter bestimmten rhetorischen wie sozialen Eckpunkten beleuchtet und dazu einlädt, die eigene Rolle in der Gesellschaft kritisch zu hinterfragen.
Durch die letzten Kapitel soll es Leser:Innen gelingen, potenzielle Streitpunkte frühzeitig zu erkennen, sowie sich anhand der wissenschaftlich fundierten Argumenten und einer reflektierten Grundhaltung der gesellschaftlichen Debatte stellen zu können.
Sein Buch Das Privileg – Kampfvokabel und Erkenntnisinstrument ist 2022 in der Reihe Denkraum im Reclam Verlag erschienenen. Ca. 16 €, via Reclam.
Über Markus Rieger-Ladich
Geboren 1962 in Bad Orb, lehrt der studierte Philosoph, Erziehungswissenschaftler und Germanist (Universitäten von Bonn, sowie Marburg) heute selbst an der Eberhard Karls Universität in Tübingen. Lehraufträge führen ihn u. a. nach Basel, Zürich und Tokio, und er schreibt politische Feuilletons für das Online-Magazin rauchzeichen.
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#Dialogue
One response to “Markus Rieger-Ladich – Das Privileg”
[…] die Polygamie eingegangen. Großer Pluspunkt ist die Aufschlüsselung von subjektiven Begriffen wie Privilegien oder der Selbstbestimmung bzw. Selbstermächtigung für das Gelingen von Polygamie in der komplexen […]