Lucrezia, die Frau des römischen Feldherrn Collatinus, wird in ganz Rom für ihre bedingungslose Treue zu ihrem Mann gelobt. Der etruskische Prinz Tarquinius fühlt sich durch die Lobpreisungen Lucretias durch die römischen Feldherren herausgefordert, sie auf die Probe zu stellen. Unter einem Vorwand reitet er nachts zu ihr und versucht, sie zu verführen. Als sie sich ihm widersetzt, missbraucht Tarquinius seine Macht und vergewaltigt sie.
Aus dem Verbrechen zieht Lucrezia ihre ganz persönliche Schlussfolgerung: Obwohl ihr Mann Collatinus bedingungslos an ihrer Seite steht, sieht sie im Selbstmord die einzige Möglichkeit, ihre Autonomie zu bewahren. In der Folge löst das Verbrechen die politischen Unruhen und die Revolution aus, durch die sich die Römer von der etruskischen Tyrannei befreien.
Kurz nach dem Zweiten Weltkrieg, am 12. Juli 1946, wurde Benjamin Brittens Oper „The Rape of Lucretia“ in Glyndebourne uraufgeführt. Atmosphärisch dicht legt Britten das schwierige Thema erstmals als Kammeroper mit acht Sänger*innen und 13 Musiker*innen an. Die Figuren des Frauen- und Männerchors zeigen die bedrohlich wiederkehrenden Mechanismen des abgründigen Regelwerks und komplexen Geflechts aus vielschichtigen, ineinander verwobenen politischen, ethischen, moralischen, religiösen und sexuellen Motiven der Handlung – in das sie selbst verstrickt zu sein scheinen.
Für Britten hatte die Form der Oper eine hochaktuelle Aussagekraft über seine Zeit, nach dem verheerenden Krieg. Gegen die Camouflage einer „inneren Emigration“ während der Nazizeit – als keine Kunst und kein Widerstand scheinbar möglich waren – verlieh Britten dem Medium Oper politische Brisanz. Gegen das „Schweigen“ der Kunst angesichts der Vernichtungslager – wie es der Philosoph Theodor W. Adorno viele Jahre später forderte – verlieh Britten dem grausamen Spiel des ewig wiederkehrenden Krieges und seiner Begleitphänomene musikalische Form.
Hinweis:
Aufgrund einer Sanierung des UdK-Theaters UNI.T finden die Aufführungen in der Ersatzsspielstätte Max-Taut-Aula in Berlin-Lichtenberg statt.
Benjamin Britten: „The Rape of Lucretia“
Premieren: 6. und 7. Juli 2024
Benjamin Britten: „The Rape of Lucretia“
Eine Oper gegen Unterdrückung und Krieg
Libretto von Ronald Duncan
Nach „Le viol de Lucrèce“ von André Obey
Musikalische Leitung:
Errico Fresis
Regie:
Isabel Hindersin
Bühne:
Eduardo Soto Jiménez, Ella Sade Hagen (Studiengang Bühnenbild),
Kostüme:
Vera Holthaus,
Dramaturgie:
Dr. Heike Fuhlbrügge,
Licht:
Moritz Schick,
Intimacy/Kampfcoach:
Alfred Hartung
Mit wechselnder Besetzung:
Anna Lena Auer, Xiao Chi, Vladyslav Fedoriaka, Yoona Jang, Zicong Han, Inha Jeon, Elli Expensive Kanaki, Kunil Kim, Rahel Kramer Dohoon Lee, Karim Mayer, Sungjoo Park, Olivia Peschke, Violeta Siesto Sánchez, Emma Warner, Junbeom Woo
Es spielt das Symphonieorchester der UdK Berlin
Eine Produktion des Studiengangs Gesang/Musiktheater in Kooperation mit dem Studiengang Bühnenbild und dem Symphonieorchester der UdK Universität der Künste Berlin
Max-Taut-Aula,
Fischerstraße 36,
10317 Berlin-Lichtenberg
Weitere Vorstellungen: 9. und 10. Juli 2024, jeweils 19.30 Uhr
Werkeinführungen vor jeder Vorstellung, Beginn 18.30 Uhr
Eintritt: 12 Euro, ermäßigt 6 Euro
Tickets: https://universitaetderkuensteberlin.reservix.de/events
Hinweise zu sensiblen Inhalten: Das Stück thematisiert Vergewaltigung und deutet einen Selbstmord an
Über die UDK:
Die Universität der Künste Berlin ist eine der wenigen künstlerischen Hochschulen Europas, die alle künstlerischen Disziplinen und die auf sie bezogenen Wissenschaften in sich vereint. An den Fakultäten Bildende Kunst, Gestaltung, Musik und Darstellende Kunst sowie den hochschulübergreifenden Zentren Tanz (HZT) und Jazz (JIB Berlin) und dem Zentralinstitut für Weiterbildung werden über 70 künstlerische, künstlerisch-wissenschaftliche und künstlerisch-pädagogische Studiengänge angeboten.
Von rund 4.000 Studierenden hat etwa ein Drittel einen internationalen Hintergrund. Die Geschichte der Hochschule reicht zurück bis zur Gründung der brandenburgisch-preußischen Akademie der Künste im Jahr 1696. Ihre heutige Form erhielt die UdK Berlin 1975 durch den Zusammenschluss der Hochschule für bildende Künste und der Hochschule für Musik und darstellende Kunst zur Hochschule der Künste (HdK).
Seit 2001 trägt die Universität der Künste Berlin ihren heutigen Namen. Mit mehr als 700 Veranstaltungen im Jahr trägt sie maßgeblich zum kulturellen Leben der Stadt bei. Präsident der UdK Berlin ist seit dem 1. April 2020 Prof. Dr. Norbert Palz.
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