Exhibition: „Your taste on the lips“

Die Galerie #FeldbuschWiesnerRudolph präsentiert stolz die Künstler*Innen: CHRISTINE STREULI, ANNE-LISE COSTE, EDIT ODERBOLZ. Worth so be seen!

Connection – also Verbundensein – ist für Kae Tempest der Schlüsselbegriff in einer Zeit großer Spaltungen. Dabei ist ihr die künstlerische Kreativität eine Brücke, „um tiefere Beziehungen zur Welt aufzubauen“ – gegen die Abstumpfung und für die Wiederbelebung einer neuen sozialen und interkulturellen Partizipation.

 «Words on a page are incomplete. (…) Connection is collaborative. For words to have meaning, they have to be read.»

Kae Tempest, On Connection, 2021

Zur Art Week Berlin im September 2022 wird die neu von FeldbuschWiesnerRudolph vertretene Künstlerin Christine Streuli die Ausstellungsräume gemeinsam den hochgeschätzten und befreundeten Kolleginnen, der Konzeptionistin Anne-Lise Costes, sowie Edit Oberbolz Objektkünstlerin, im symbiotischen Allover-Gestus bespielen. Schlüsselbegriffe wie Energy, Body, Activims und Materiality stehen im Zentrum. Es wird gemalt, gedruckt, gesprayt, als Schrift oder als Textil: diese drei Künstlerinnen einer Generation zelebrieren die Farbe als ihr zentrales Motiv für die individuelle Expression, kollektive Revolution und subjektive Schönheit.

So vermittelt auch der Titel der Ausstellung „Your taste on the lips“ ein Gefühl der Annäherung. Das Komposit farbfleckiger Frottees am Gestell von Edit Oderbolz, lässt an zum Trocknen aufgehängte Handtücher von Geflüchtenden am Meer denken lässt. Anne-Lise Costes ruft mit Girlanden fallender Ketten die Furcht vor ihrer erneuten Anwendung durch eine willkürliche Macht hervor und Christine Streuli demonstriert mit ihrer multiplizierten Reihung einer Armee von Hintern den Kampf um Gleichberechtigung.

Gender Non-Konforming

Das wandfüllende Großformat „Nightshade #04“ (2017) ist inspiriert von den hallizogenen Eigenschaften der namengebenden medizinischen Heilpflanze, deren Essenz gerne ihren Nutzen in Zeiten von Stress und alltäglicher Erschöpfung findet bis hin zur Verschiebung der Grenzen der Realität. Dazu befördert eine neue Werkserie der Künstlerin von insgesamt fünf kleinformatigen Bilderpaaren den menschlichen Hintern zum nonbinären und somit ikonischen Motiv. Es ist inspiriert durch ein von Streuli ausgewähltes kleines Detail der Postkarte von einer queeren New Yorker Bar und vereint im Bild den im „Wiggel-Wiggel“ Rhythmus schwingenden akademischen Kontrapost mit der Leuchtfarbe und Rasterstruktur der Ästhetik von Pop Art und Werbung. Auf diese Weise kreiert sie eine konzeptionelle Spannung zwischen Figuration und Abstraktion, die gepaart ist mit Streulis Empathie in Bezug auf ihre multikulturelle, soziale und geschlechterübergreifende Identität und Integrität. So ist ihr innerer Kampf mit der Malerei immer auch ein Wunsch nach mehr Freiheit im eigenen Werk.

Christine Streuli

Streuli kreiert ihre Bilder mit einem stark bewegten Form- und Farbkanon. Sie arbeitet selten mit dem klassischen Malerwerkzeug des Pinsels – vielmehr druckt, sprayt, schüttet oder spritzt sie Farbe auf ihre Leinwände. Mit großer Begeisterung erinnern wir uns an die intensive Energie durch Bildzeichen wie Explosion, Geste, Geschwindigkeit, (Farb-)Temperatur, mit der sie den Schweizer Pavillon auf der Venedig Biennale im Jahr 2007 zum Vibrieren brachte und eine immersive Kombination von Wandmalereien, Bildern und Monotypien schuf.

Die Schweizer Künstlerin lebt und arbeitet in Berlin und ist 1975 in Bern geboren. Seit 2015 lehrt sie als Professorin an der Universität der Künste Berlin. Im Frühjahr 2017 wurde erhielt sie den Fred-Thieler-Preis der Berlinischen Galerie. Ihre Einzelausstellung sowie in weiteren internationalen Institutionen wie dem Kunstmuseum Thun (2020), dem Museum Folkwang Essen (2018), der Berlinischen Galerie (2017), dem Haus am Waldsee und dem Kunstmuseum Luzern (2013), dem Aargauer Kunsthaus, Aarau (2008), dem Swiss Pavillon, Venedig Biennale (2007), der Kunsthalle Zürich (2005) und vielen weiteren Institutionen. Streuli stellt regelmässig in Gruppenausstellungen, wie der im Kunstmuseum von Winterthur (2019), zu der 19. Biennale in Sidney und Kunsthalle Nürnberg (2014) und im Marta Herford (2010), sowie dem Helmhaus in Zürich (2009) aus.

Recht und Gerechtigkeit

Anne-Lise Costes Neonarbeit „POLICE“ (2022)

Zwei zentrale neue Werke der Künstlerin, die Neonarbeit „Police“ (2022) und das großformatige Spraypaint „Chain“ (2022) waren erst im Sommer 2022 prominent in ihrer Soloshow „Poem Police“ im kunsthaus baselland zu sehen. „Police“, „Poem“, „Non“, „Imagne“, das sind Wörter, die Coste dem öffentlichen Raum entnimmt und die einer „Ungefiltertheit viel über den aktuellen Stand einer Nation aussagen“ (Ines Goldbach, 2022). Genauso direkt zeigen sich die Negativschatten lose drapiert hängender Ketten, der „Chains“, die sich der Künstlerin als Sprühschablone auf großformatigen rohen Leinwänden präsentieren. Die Wahl der vielfältigen Materialien drückt die Spontanität aus, erlaubt keine Korrekturen und vermittelt sich als Geste, die nichts zu verbergen mag.

Polizeigewalt und andere *Ismen

Während Politik und Medien gerne den Begriff des „Narrativs“ einsetzen, um sich in der Suche nach dem Sinn, Zielen und Lösungen für relevante Probleme in Statistiken und Analysen zu verlieren, öffnet sich Anne-Lise Coste der Realität und schaut hin: auf die Welt, ihre Brutalität, ihre Schönheit und ihre Relikte. Coste agiert gerne mit Menschen, die am Rande der Gesellschaft leben, um emotionale Befindlichkeiten aufzuspüren und einen (Bild)Raum zu öffnen für die Spuren gesellschaftlicher Zwänge, historischer Bürden, seelischer Wunden und welche Hoffnung geben. Die Künstlerin lebt die unbedingte Bereitschaft, „Nein“ zu sagen, die Ketten zu sprengen von Macht, Kapitalismus, Postkolonialismus, Polizeigewalt.

«Der Kunstbetrieb ist der einzige Ort, wo das möglich ist»

ANNE-LISE COSTE

Die Werke der Künstlerin sind in zahlreichen Sammlungen vertreten wie jener des Kunsthaus Aarau, Kunsthaus Zürich, der Sammlung Museum Folkwang, der Berlinischen Galerie, dem Kunstpalast Düsseldorf und in weiteren Sammlungen der Stadt Zürich, des Kantons Zürich, der UBS Art Collection und in der Bank Bär in Zürich, sowie weiteren Institutionen.

Anne-Lise Coste

Geboren ist die Künstlerin 1973 in Marseille und studierte an der École des Beaux- Arts, Marseille (1995-97) und an der HGK in Zürich von 1997-99. Weil Coste nicht zur Prüfung erschien und stattdessen das Bild eines Affen schickte mit Aufschrift „no home – no diplome“, verpasste sie ihren Abschluss. Darauf folgten in New York sieben Jahre im Modus live-hard-work-hard. Heute arbeitet und wirkt die Künstlerin in Sète, Südfrankreich. Coste präsentiert auch regelmäßig in institutionellen Soloshows wie im Kunsthaus Baselland (2022), Dortmunder Kunstverein (2020), Museo de Bellas Artes de Santander (2012), Kunsthalle St. Gallen (2006), Kunsthaus Glarus (2005).

Während Anne-Lise Costes Neonarbeit „Police“ (2022) den Ausstellungsraum als einzige Lichtquelle in gleißend weissem „Tatort“ Weiss überstrahlt, gibt sie zugleich mit ihrem Schriftzug den Hintergrund ab für Edit Oberbolz’ Installation „Now rain, now sun“ (2016). Zufälligerweise stellten beide Künstlerinnen die Werke in ihren jeweiligen Soloshows getrennt voneinander im Kunsthaus Baselland aus. Ein mehrteiliges Arrangement aus echten und unechten Melonen, Tageszeitungen, und einem mittig platzierten Stahlgestell mit dem losen Überwurf einer silbriggrauen Plane bedeckt den Boden des Ausstellungsraums zur Gänze.

Zudem auch in regelmäßig in ihren zahlreichen Galerien Ellen de Bruijne Projects, Amsterdam (seit 2004), Galerie Hauff, Stuttgart (seit 2005), NoguerasBlanchard, Barcelona (seit 2006), Galerie Halsey-Mckay, New York (seit 2013), Lullin Ferrari, und Zürich (seit 2015). Außerdem in Groupshows wie im Helmhaus, Zürich (2017), MACBA, Madrid (2013), weitere Referenzen sind Boijmans van Beuningen Museum, Rotterdam (2013), Athens Biennial (2007), CCA, Andratx (2007), Migros Museum, Zürich (2007), Tate Modern, London (2007), Schirn Kunsthalle, Frankfurt/M (2006) und vielen weiteren Venues.

Medien und Monitoring

Die Tageszeitungen sitzen aufgefaltet wie ein Zelt auf den grünen Fruchtbällen und beziehen sich in dieser zufälligen Formulierung von Behausung auf ein Zitat des Architekten Bernard Rudofsky:

«Suburban man falling asleep near his lawn mower, pulling a section of his Sunday paper over his head, thus reenacts the birth of architecture.»

Bernard Rudofsky

Trotz oder gerade mit der Sprache eines objektbezogenen Minimalismus weckt Edit Oderbolz die Assoziation an Alltagsmomente von Dach, Schutz, homeless people sowie Gegensätze von Gewalt-Frieden, Politik- Privatheit, Sonne-Regen. So wird das Material zum soziokulturellen Bedeutungsträger auf der einen und einer Art anthropologischen Abstraktion auf der anderen Seite.

Costes Arbeiten befinden sich in zahlreichen Sammlungen wie dem Migros Museum für Gegenwartskunst, Zürich, Museum Arnhem, MACBA Barcelona, Kunsthalle Lingen, Kunsthalle Glarus, Glarus, Staatsgalerie Stuttgart u.a.

Edit Oberbolz

Im Eingangsraum der Galerie lässt Edit Oberbolz’ Installation „Große Flotte“ auf den ersten Blick almost eine sommerliche Urlaubsstimmung enstehen. Ein genauer Blick hingegen lässt Erinnerung an Medienbilder von Flüchtenden Menschen und übervollen Gummiboten aufblitzen. Das paraventartiges Gittergestell dient für die Drapierung eines fleckig eingefärbten Frotteehandtüchs, während am Fuß ein Netz von Miesmuscheln abgelegt ist. Ein Stilleben aus subjektiven Extrakten, denen in der Art des Arrangements eine poetische Konnotation anhaftet in der Fülle von Gestrandetsein, Abenteuer, Romantik und Freiheit.

Die Künstlerin ist 1966 in Stein am Rhein geboren, studierte an der HGK Basel (1996-99) und unterrichtete als Gastdozentin an diversen Architektur- und Kunsthochschulen in Bern, Luzern, Basel und Karlsruhe. Für ihre künstlerische Tätigkeit wurde sie mehrfach mit Werkstipendien, Residences und Preisen ausgezeichnet, darunter auch mit dem renommierten Manor Kunstpreis (2004), dem Landis & Gyr Stipendium London (2014) oder mit dem Paul Boesch Preis (2019). Ihre Werke wurden in zahlreichen Einzelausstellungen in verschiedenen Institutionen und Galerien im In- und Ausland gezeigt wie u.a. im Crac Alsace im französischenAltkirch.

Edit Oderbolz’ Arbeiten befinden sich in den Collectionen wie der Schweizerischen Bundeskunstsammlung, Credit Suisse AG Zürich-Enge, Kunsthaus Aarau. Ausstellungen fanden im Kunstverein Nürnberg der Albrecht Dürer Gesellschaft (2017), im Kunsthaus Baselland (2016), sowie im Lullin+Ferrari (2016, 2011), der Kunsthalle Basel (2009), im Kunsthaus Langenthal (2008), dem Kunstverein Friedrichshafen (2013) statt. Weitere nennenwerte Evenrs fanden im Centrum Sztuki Wspolczesnej Torun (2009) und dem Museum für Gegenwartskunst in Basel (2004) Platz. Außerdem in Groupshows wie denen im Aargauer Kunsthaus, Aarau (2022), Kunstmuseum Olten (2018), der Kunsthalle Bern (2018), der Kunsthalle Palazzo, Liestal (2018) und der Kulturstiftung Agathenburg (2010) statt.

„Your taste on the lips“


*CHRISTINE STREULI *ANNE-LISE COSTE *EDIT ODERBOLZ


Ausstellungsdauer: 17.September bis 15.Oktober, 2022

#dialogue


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2 Antworten zu „Exhibition: „Your taste on the lips““

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